Bei der Planung unserer USA-Rundreise im Sommer 2012 stellten wir fest: Dafür, dass New York angeblich niemals schläft, gibt es hier ganz schön viele Hotels und mindestens genauso viele Etagenbad-Absteigen zu Adlon-Preisen. Gar nicht so einfach, hier die richtige Unterkunft zu finden…
Nach langem Suchen, Preise vergleichen und Bewertungen lesen landeten wir schließlich in einem Appartement im 17. Stock mitten in Manhattan und mit einer Aussicht, die uns fast dazu gebracht hätte, tatsächlich niemals zu schlafen, sondern stattdessen die ganze Nacht am Fenster zu stehen und uns wie in einer Filmkulisse zu fühlen.
Das Appartement gehörte einem freundlichen Herrn namens Mister Oreo. Zumindest glauben wir, dass er Mister Oreo hieß und hoffen, dass das Appartement auch tatsächlich ihm gehörte.
Gebucht haben wir dieses Appartement nämlich nie. Und das kam so:
Monate vor unserer USA-Reise buchten wir ein ganz anderes Appartement über eine Agentur, die es mittlerweile nicht mehr gibt. Es lag ebenfalls mitten in Manhattan, war modern, groß, hatte einen tollen Blick über die Stadt und das zu einem Preis, für den man in New York meist nur ein durchschnittliches Zimmer in einem unterdurchschnittlichen Hotel bekommt. Wir buchten und bezahlten also, ich bekam einen Mietvertrag und nette Emails von einem gewissen John mit Tipps zur Anreise und zum Aufenthalt. So weit, so gut. Bis zu dem Tag, an dem ich – völlig unerwartet – wieder einmal eine Email von John bekam.
Wir waren zu diesem Zeitpunkt gerade in San Francisco, der ersten Station unserer USA-Reise, angekommen und sollten in zwei Wochen weiter nach New York fliegen.
Johns Email begann mit den Worten „Dear Claudia, unfortunately…“
In Gedanken sah ich uns schon mit unseren viel zu großen und viel zu schweren Koffern durch New York irren und eine neue Unterkunft suchen. Denn eine Email, die so anfängt, endet selten gut. Wahrscheinlich würde ich gleich lesen, dass die Agentur unfortunately pleite gegangen ist oder unser Appartement unfortunately doppelt vermietet wurde!
Tatsächlich ging die Email aber so weiter: Unfortunately hatte eine Gruppe amerikanischer Jugendlicher in „unserem“ Appartement gewohnt, bzw. wohl eher gehaust. Denn zumindest sei es derzeit nicht bewohnbar und müsse renoviert werden. John schrieb weiter, dass es ihm sehr leid tue, dass er aber über einen Bekannten ein Ersatz-Appartement in derselben Straße (450 West 42 Street) besorgen konnte. Dieses sei sogar noch größer, besser, toller und eigentlich auch teurer als das ursprünglich gebuchte Appartenment. Mit der Email schickte er die Handynummer seines Bekannten (Mister Oreo), verabschiedete sich und wünschte einen tollen Aufenthalt im New Yorker Ersatz-Appartement.
Mister Oreo und unser Ersatz-Appartement in Mannhattan
Zwei Wochen später trafen wir Mister Oreo vor einem schmuddeligen Take-away-Chinesen mitten in Manhattan. Er brachte uns zu seinem Appartement und erzählte uns, dass er es nur ab uns zu nutzt, um mit Freunden zu kochen und zu feiern. Und eigentlich würde er es auch gar nicht vermieten, sondern tat dies nur, um seinem Kumpel John von der Appartement-Agentur einen Gefallen zu tun. Was für ein Glück für uns!!
Denn: Wer auch immer dieser Mister Oreo war und woher auch immer er dieses Appartement hatte, es war besser als alles, was wir jemals erwartet hatten!! Die Aussicht war gigantisch, das Bett war bequem, die Küche super ausgestattet und es gab sogar eine Waschmaschine, was bei einer dreiwöchigen Reise mehr als praktisch ist. Zudem hatte Mister Oreo uns netterweise den Kühlschrank vollgepackt mit kleinen teuer aussehenden Törtchen, Marmelade, frisch gepresstem Orangensaft, Eiern, Toast und allem, was man für ein Frühstück über den Dächern von Manhattan braucht.
Bevor Mister Oreo in den Straßen von Manhattan verschwand, hinterließ er uns den Appartementschlüssel, sowie den in gebrochenem Englisch vorgetragenen Hinweis: „Do not tell anybody that you rent this appartement. Tell everybody you are a friend of Mister Oreo!“ Seine Bitte, das Appartementhaus durch den Lieferanteneingang zu betreten, damit uns gar nicht erst jemand sieht und anspricht, haben wir aber trotzdem nicht befolgt.
Wir haben Mister Oreo nie wiedergesehen. Schade eigentlich… Denn dank ihm haben wir eine großartige Zeit in der tollsten Stadt der Welt verbracht und wissen nun, dass Emails, die mit „unfortunately“ beginnen, nicht immer schlecht enden müssen.
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